Gleichstellung Erbrecht Höfegesetz Talbauern

Im Rahmen dieses Konvents ist immer wieder die Anregung vorgetragen worden, einen Grundrechtekatalog auszuarbeiten. Ich finde, das wäre eine sehr sinnvolle, sehr verdienstvolle Aufgabe für den Konvent. Damit könnte er tatsächlich in die Geschichte eingehen.

Ein solcher Grundrechtekatalog müsste ganz zentral auch die Gleichbehandlung Mann/Frau in Südtirol angehen. Südtirol leistet sich nämlich ein Höfegesetz, das mit dem "Geschlossenen Hof" de facto die Enterbung der "weichenden Erben" - und das sind überwiegend die weiblichen Erben - legitimiert. Den geschlossenen Hof gibt es auch im Ausland (nicht im restlichen italienischen Staatsgebiet), aber nirgendwo werden die Frauen derart brutal enterbt wie in Südtirol. Besonders krass ist die Situation bei den Talbauern, wo Millionen-Vermögen angehäuft werden und die weichenden Erben werden mit einem Pappenstiel abgespeist. Niemand wird sich gegen den Erhalt einer Mindestkultureinheit wehren, aber wieso soll der Sohn 5 ha und mehrere Häuser erben, während die Tochter nicht einmal das Geld für eine Kleinwohnung erhält, so wie das gegenwärtig in einer Erbsituation im Burgrafenamt der Fall ist?

Die Talbauern mögen politisch gut organisiert sein (und das Resultat ist ja die weitgehende Steuerbefreiung, was die Vermögensakkumulation noch weiter fördert), aber eine derartige anachronistische Enterbung der Frauen rechtfertigt das nicht. Sogar im islamischen Raum erben Frauen mehr - dort erhalten sie einen Erbanspruch in der Höhe von 50% eines Mannes. In Südtirol ist die Stellung der Frauen im Erbrecht weit schlechter.

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Kommentare

Auch im Forum der 100 wurde diskutiert (jedenfalls in meiner Arbeitsgruppe), ob es Sinn macht, einen Grundrechtekatalog in das Autonomiestatut einzubauen. Vorläufig wurde dies als nicht notwendig erachtet, da bereits ein ausreichender Schutz in der italienischen Verfassung vorgesehen ist, unter anderem auch die Gleichstellung zwischen Mann und Frau ex Art. 3. Ein solcher Gleichheitsgedanke zwischen Mann und Frau ist der islamischen Rechtsordung in weiten Teilen immer noch fremd. Deshalb verstehe ich nicht ganz Ihre Anschuldigung, das Höfegesetz würde Frauen benachteiligt. Sollte es so sein, würde das Verfassungsgericht sofort das Höfegesetz als verfassungswidrig erklären. Ich nehme an, Sie meinen in Ihrem Kommentar, dass der Hofübernahmepreis zu niedrig berechnet wird und dadurch Miterben, weiblich oder männlich, nur einen sehr geringen Pflichtteil bekommen. Dieser Übernahmepreis wird, sollte er nicht schon vom Erblasser festgelegt worden sein, anhand eines durchschnittlichen Reinertrag bei ortsüblicher Bewirtschaftung geschätzt. Daher kann man auch von keiner Bevorzugung von Talbauern reden, da diese offensichtlich einen höheren Reinertrag bewirtschaften und dementsprechend auch die Miterben schlussendlich mehr bekommen. Ohne dieser Berechnung wäre der Sohn in Ihrem Beispiel wirtschaftlich ruiniert.
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De facto ist es immer noch so, dass die große Mehrheit der Hofübernehmer Männer sind. Bei den weichenden Erben sind es auch mehrheitlich Frauen, die mit dem extrem niedrigen Ertragswert abgespeist werden. Weil es das Höfegesetz so vorsieht. Bei Talbauern diesen niedrigen Ertragswert herzunehmen,der nichts mit den tatsächlichen Gewinnen zu tun hat, bedeutet, dass viele weichende Erben - in der Mehrheit Frauen - um ihr Erbe betrogen werden. Ihre Behauptung, ohne diese Berechnung wäre der Talbauer wirtschaftlich ruiniert, ist aus der Luft gegriffen. Da diese Unwahrheit immer wieder aufgetischt wird, braucht es endlich auch für die Talbauern, so wie es für alle anderen Steuerpflichtigen auch gilt, Transparenz bei den Gewinnen. Ordentliche Buchhaltung auch für die Bauern! Dann wird die Gewinn- und Ertragssituation endlich transparent. Der Verfassungsgerichtshof hätte längst schon etwas tun müssen, damit dieses Höfegesetz geändert wird. Wieso muss zum Beispiel der Erbe eines kleinen Geschäftes die Miterben zum Marktwert auszahlen, der Talbauer, der es sich locker leisten könnte, hingegen nicht? Die Problematik besteht in der Wirklichkeit somit genau im Gegenteil von dem, was Sie behaupten.
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