Es verwundert doch sehr, dass im Rahmen des „Autonomiekonventes“ nach wie vor die Grundsäulen des friedlichen Zusammenlebens angegriffen werden. Zwar nur von Einzelnen, meist den Grünen oder der italienischen Linken zuzurechnenden Personen, aber dennoch ist dies kein gutes Zeichen. Als Gewerkschafter fällt mir hier vor allem die Agitation gegen den ethnischen Proporz ins Auge. Bevor man mit Allerweltsphrasen wie „ethnische Gefängnisse“ und „Leistung vor Sprachgruppenzugehörigkeit“ hausieren geht, sollte man sich einmal die nüchternen Fakten anschauen. Der Proporz war zunächst eine historische Wiedergutmachung für uns Deutsche und Ladiner, nachdem unseren Volksgruppen jahrzehntelang in diskriminierender Art und Weise Arbeitsplätze vorenthalten wurden. Dann wurde der Proporz sukzessive zu einem der wichtigsten Instrumente der Befriedung und Entspannung in unserem Land. Denn die klaren Regeln des Proporzes minimieren Verteilungskämpfe und Konflikte, die vor dem Hintergrund einer anhaltenden Wirtschaftskrise immer wieder drohen, aufzubrechen. Wenn man nun den Proporz aufweicht oder abschafft, könnte zu diesen Verteilungskämpfen noch eine „ethnische Note“ hinzukommen – keine schöne Vorstellung. Dann ist der Proporz eine Arbeitsplatzgarantie für die Einheimischen – und zwar die Einheimischen aller drei Volksgruppen! Das wird hinter vorgehaltener Hand auch von Italienern immer wieder anerkannt. Wieso sollten wir auf dieses Instrument der Arbeitsplatzsicherung leichtfertig verzichten? Für welche Gegenleistung denn? Es wird immer behauptet, die „Leistung“ solle im Mittelpunkt stehen, nicht die Zugehörigkeit zu einer Volksgruppe. Aber welche „Leistung“ bringt denn selbst der weltbeste Arzt, wenn er mit seinen Patienten nicht kommunizieren und deren Beschwerden verstehen kann? Welche „Leistung“ kann denn ein auswärtiger Beamter, möge er auch auf irgendeiner südländischen Universität die allerbesten Noten bekommen haben, bringen, wenn er die Gegebenheiten von Land und Leuten nicht kennt? Und wo werden denn all diejenigen Südtiroler Beamte, deren Arbeitsplatz im öffentlichen Dienst durch den Proporz garantiert ist, Jobs finden, wenn sie erstmal mit einer Konkurrenz aus einem 56-Millionen-Volk konfrontiert sind? Zudem gewährt die Volkszählung, dass der Proporz alle 10 Jahre aktualisiert wird und damit stets die tatsächlichen Gegebenheiten des Landes respektiert. Dies alles wurde von den Vätern der Autonomie wie Magnago und Benedikter mit viel Weitsicht ausverhandelt. Der Proporz hat sich vielfach als Segen für unser Land erwiesen. Daher darf an diesem Grundpfeiler unserer Autonomie nicht gerüttelt werden! Und die Tatsache, dass es immer noch eine zwar sehr kleine, aber lautstarke Gruppe in unserem Land gibt, die das nicht anerkennen will, stimmt mich sehr nachdenklich. Es zeigt entweder von einem gewissen Altersstarrsinn dieser Gruppe oder, was wesentlich Schlimmer wäre und worum sich die Politik schleunigst kümmern sollte, dass unsere Autonomie in ihrer Tiefe und Ausgewogenheit immer noch nicht bei allen Mitbürgern angekommen ist. Man kann nur hoffen, dass der Konvent in diesem Sinne eine Bewusstseinsschärfung unserer Landsleute herbeiführt. Nämlich dafür, dass unsere Minderheitenrechte wesentlich, unverzichtbar und keine Selbstverständlichkeit sind. Und sehr leicht wieder verspielt werden können, wenn wir nicht aufpassen. Ein klares Bekenntnis des Konventes zu Proporz und deutscher Schule ist daher vonnöten. Und dieses Bekenntnis abzugeben, das liegt an uns allen.
Die Beibehaltung des Proporzes ist Voraussetzung für Schutz der Minderheiten
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